„Ist BWL das Studium der Orientierungslosen?“ hatte ich kürzlich in einem Blog-Beitrag gefragt. Und tatsächlich, meine Vermutung hatte mich nicht getäuscht: Nur wenige Aspiranten haben BWL tatsächlich aus Interesse am Fach gewählt. Und doch, gerade die BWL bietet viele Möglichkeiten, wirkt für viele wie ein Studium Generale und leistet daher letztlich auch ein Stückweit Orientierung.
Und damit sind wir beim zweiten Teil Ihrer persönlichen Marketing-Gleichung. Sie besteht aus sechs Schritten:
- Segmentieren Ihrer Fähigkeiten (Neigung, Eignung, Berufung)
- Positionieren Ihrer Fähigkeiten (Stärken, Schwächen)
- Kommunizieren Ihrer Fähigkeiten (Online, Print, Social Media)
- Distribuieren (verteilen) Ihrer Fähigkeiten (Beziehungen, Netzwerke)
- Akquirieren Ihrer Fähigkeiten (Bewerbungsgespräch, Einstellungskriterien)
- Integrieren Ihrer Fähigkeiten (Arbeitsvertrag, Laufbahnplanung).
Die persönliche Marketing-Gleichung hat ihren besonderen Wert für den Berufseinstieg, für das Bewerbungsgespräch, für den Arbeitgeberwechsel oder für das Gehaltsgespräch.
In der ersten Folge haben wir uns mit der Segmentierung und Positionierung Ihrer Fähigkeiten und Kompetenzen befasst. Damit haben wir ein strukturiertes Fundament gelegt, um die nächsten beiden Schritte, nämlich Kommunikation und Distribution im Rahmen der persönlichen Marketing-Gleichung anzugehen.
Beginnen wir die zweite Folge mit der Kommunikation Ihrer Fähigkeiten:
Zwei kommunikative Berge muss man erklimmen, um einen guten Einstiegsjob oder um einen neuen Job zu bekommen: Der erste Berg ist die schriftliche Bewerbung, der zweite Berg ist das Vorstellungsgespräch. Um den ersten Berg zu besteigen, muss man seine Vergangenheit dokumentieren. Um den zweiten Berg zu erklimmen, muss man in die Zukunft schauen. Und um im Bild zu bleiben, der erste Berg ist umso höher, je schlechter die Zeugnisnote ist – zumindest bei Berufseinsteigern. Warum ist das so?
Kommunizieren Sie Ihre Fähigkeiten
Mit den Bewerbungsunterlagen bewirbt man sich um die “Eintrittskarte” für das Vorstellungsgespräch. Angesichts der Vielzahl von Bewerbungen, die täglich bei den personalsuchenden Unternehmen eingehen, ist es aber gar nicht so leicht, das gefragte Ticket für das Vorstellungsgespräch zu bekommen. Da spielen nämlich die besonders leicht quantifizierbaren Auswahlkriterien wie Schul- und Examensnoten eine dominierende Rolle. Maßgebend ist hier also der “Tunnelblick” der Personalreferenten auf die Zeugnisnote.
Eine strukturierte Analyse der Bewerbungsunterlagen, die zumeist online durchgeführt wird und den anglo-amerikanischen Allerweltsnamen “Screening“ trägt, soll erste Anhaltspunkte über die fachliche und persönliche Eignung des Bewerbers liefern. Wenn man aber – wie einschlägige Untersuchungen belegen – in Betracht zieht, dass für die Hälfte aller Bewerbungen nicht mehr als vier (!) Minuten zur Durchsicht aufgewendet wird, dann verwundert es kaum, dass in diesem „Zeitfenster“ eigentlich nur ein Blick auf zwei Eye-Catcher gerichtet werden kann: auf das Bewerbungsfoto und auf die Note des Bachelor- und/oder Masterabschlusses.
Somit überrascht es nicht, dass immer nur sehr gute Noten als „Eintrittskarte“ zum Vorstellungsgespräch dienen. Das hat allerdings den entscheidenden Nachteil, dass „weiche“ Kriterien wie Persönlichkeit, Kommunikationsfähigkeit, Begeisterung und Loyalität oder Motivation und Kreativität, die (erst) im Rahmen des Vorstellungsgesprächs eine Hauptrolle spielen und letztlich die entscheidenden Kriterien für einen „guten“ Kandidaten sind, in der Vorauswahl zwangsläufig unter den Tisch fallen.
Der Tunnelblick auf die Zeugnisnote ist kontraproduktiv
Insofern ist der „Tunnelblick“ vieler Personalreferenten (insbesondere von Unternehmensberatungen und Konzernen) auf die Noten vielfach weder gerechtfertigt noch zielführend für beide Seiten. Natürlich sind (Abschluss-)Noten nicht unwichtig, sie aber als einziges Zulassungskriterium zum persönlichen Vorstellungsgespräch zu missbrauchen, ist häufig kurzsichtig und wenig dienlich. Sportliche Bestleistungen, ein selbstfinanziertes Studium – vielleicht sogar über den zweiten Bildungsweg oder berufsbegleitend – ,ein Engagement als Schul- oder Studierendensprecher, Praktika oder Auslandsaufenthalte, die allesamt vielleicht zu einer etwas schlechteren Durchschnittsnote, aber auch zur Entwicklung der individuellen Persönlichkeit beigetragen haben, sollten den Unternehmen doch mindestens genau so viel Wert sein, wie die Noten mit der „Eins vor dem Komma“.
Persönlichkeit kann man nur bedingt lernen, Sprachen oder Mathematik sehr wohl
Damit sind wir beim zweiten Berg. Im #Vorstellungsgespräch wird das Unternehmen versuchen, die Einstellungen, Zielvorstellungen und Werte des Bewerbers kennenzulernen und ggf. offengebliebenen Fragen aus den Bewerbungsunterlagen nachzugehen. Hier geht es nicht mehr um Zeugnisnoten, sondern vor allem darum, über die offensichtlichen Qualifikationen des Kandidaten wie Ausbildung, Noten, Erfahrung und Wissen hinaus möglichst tief in die Persönlichkeiten und in jene Eigenschaften einzutauchen, die das Unternehmen erst später – also in der Zukunft – zu spüren bekommt.
Fazit: Wenn man zum Vorstellungsgespräch – und das gilt sowohl für den Berufseinsteiger als auch für den Berufswechsler – erst einmal eingeladen wird, dann hat man in sehr vielen Fällen schon gewonnen. Doch häufig genug konnte man den ersten Berg nicht erfolgreich erklimmen (siehe oben). Aber auch hier gibt es Alternativen und damit sind wir bei der Distribution Ihrer Fähigkeiten.
Distribuieren Sie Ihre Fähigkeiten
Eine bewährte Möglichkeit, die etwas schlechtere Zeugnisnote beim Berufseinstieg zu umgehen, ist die Bewerbung um einen Praktikumsplatz bei der Firma, bei der man später auch gerne arbeiten möchte. Die Bewerbungsanforderungen sind in der Regel bei weitem nicht so hoch. Macht man dann eine gute Arbeit, hat man schon einen Fuß in der Tür für den später angepeilten Job. Eine wesentliche Voraussetzung dazu ist die permanente Beziehungspflege. Soziale Netze können hier ebenso helfen wie das persönliche Networking.
Die Kontaktpflege zu ehemaligen Arbeitskollegen kann immer dann besonders wichtig sein, wenn Sie einen eventuellen Wechsel des Arbeitgebers ins Auge fassen. Einige Unternehmen unterhalten ein sogenanntes Referral-Programm. Darunter sind Personalbeschaffungsmaßnahmen zu verstehen, bei denen die Mitarbeiter des eigenen Unternehmens gebeten werden, interessante Kandidaten (z.B. aus ihrem Bekannten- oder Freundeskreis) für bestimmte Positionen vorzuschlagen. Nach erfolgreichem Ablauf der Probezeit des Kandidaten erhält der Mitarbeiter, der den Kandidaten (also beispielsweise Sie) vorgeschlagen hat, eine entsprechende Prämie. Die Rekrutierung über Mitarbeiterempfehlungen hat sich immer dann bewährt, wenn ein Mangel an qualifizierten Mitarbeitern vorherrscht. Gute Unternehmen decken bis zu 20 Prozent ihres Personalbedarfs mit Referral-Programmen ab.
Doch gleich ob mit oder ohne Referral-Programm, in jedem Fall sollten Sie bei Ihren ehemaligen Mitarbeitern und Vorgesetzen so gut in Erinnerung bleiben, dass Sie solche Chancen wahrnehmen können. Voraussetzung dazu ist, dass Sie Ihre Fähigkeiten und Kompetenzen gut distribuiert haben. Und dazu ist die Beziehungspflege eine wichtige Voraussetzung.
In der dritten und letzten Folge konzentrieren wir uns dann auf die richtige Akquisition und Integration Ihrer Fähigkeiten.
Hier noch einmal der Link zur ersten Folge der persönlichen Marketing-Gleichung.
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