Interview in Kundenzeitschrift >contact<: Wandel und Widerstand

Es gibt also keine Veränderungen ohne Widerstand. Doch woher kommen diese negativen Einwände, wenn Veränderungen angekündigt werden? Dazu haben wir Dr. Dirk Lippold befragt. Er ist Gastprofessor für Consulting, Change Management und Marketing an der Humboldt-Universität zu Berlin. In 35 Jahren Berufserfahrung als Unternehmensberater und als Geschäftsführer einer internationalen Unternehmensberatung kam auch er immer wieder mit Veränderung und Widerstand in Kontakt.

• Change-Management ist zum großen Schlagwort der Unternehmensführung geworden. Was treibt derzeit Unternehmen an Veränderungsprozesse durchzuführen?

Zunächst müssen wir zwischen den Ursachen und den Auswirkungen von Veränderungen unterscheiden. Ursachen für Veränderungen können externer und interner Natur sein. Zu den externen Ursachen zählen technologische oder sozio-demografische Entwicklungen. Interne Ursachen können Fehlentscheidungen der Vergangenheit, der Verlust eines strategischen Kunden, oder Wachstumsinitiativen sein. Auswirkungen von Change Prozessen sind Sanierung, Personalabbau, Einführung von ERP-Systemen, aber auch der Aufbau neuer Vertriebswege. Solche Veränderungsprozesse müssen mit sinnvollen Methoden begleitet werden, um Risiken zu reduzieren. Dies treibt die Unternehmen an Change Management durchzuführen.

• Wie groß ist die Gefahr, dass Change Prozesse scheitern? Was sind die häufigsten Ursachen dafür?

Die Gefahr, dass Change Prozesse scheitern, ist nicht zu unterschätzen, denn jede Veränderung wird von Widerständen begleitet. Widerstand ist quasi der „Zwillingsbruder“ des Wandels. Das Fehlen von Akzeptanz, Verständnis, Qualifikation und Perspektive bei den Mitarbeitern sind die wesentlichen Motive für den Widerstand.

• Angenommen, eine Mehrheit der Mitarbeiter spricht sich gegen einen Change Prozess aus. Lassen sich größere Veränderungen auch gegen den Willen der Mitarbeiter – erfolgreich – umsetzen?

Veränderungen gegen den Willen einer Mehrheit lassen sich zwar durchsetzen, aber nicht erfolgreich umsetzen. Mitarbeiter müssen aktiv in den Veränderungsprozess eingebunden werden. Sie müssen mit geeigneten Kommunikationsmitteln und -maßnahmen angesprochen werden, um ein widerspruchsfreies Bild der Veränderung zu erzeugen. Eine vertrauensvollen Kommunikation ist die Grundlage für jeden erfolgreichen Unternehmenswandel.

• Sie sprechen von den drei Arten des Widerstandes gegen Veränderung. Was steckt hier dahinter?

Um in familiären Bild zu bleiben kann man sagen, dass der Widerstand in der Regel drei „Väter“ hat: Der erste “Vater” ist das Nicht-Wollen. Hierbei handelt es sich um Willensbarrieren bei betroffenen Mitarbeitern. Die Angst vor Veränderung und der Wunsch, am Status quo festzuhalten, führen zu einer ablehnenden Haltung gegenüber der geplanten Veränderung.
Der zweite “Vater” ist das Nicht-Können. Häufig sind es neue Technologien oder auch Defizite bei den Fremdsprachen, die zu Fähigkeitsbarrieren führen.
Der dritte „Vater“ ist das Nicht-Wissen. Für den Nicht-Wissenden ist der neue Zustand ungewiss; er ist nicht davon überzeugt, dass es mit der Veränderung besser wird.

Pierre Bourdieu erklärte bereits vor der Zeit der Digitalisierung die „soziale Trägheit“, die den Wunsch zur Gewohnheit beschreibt. Gibt es Parallelen zwischen Bourdieus sozialer Trägheit und dem Widerstand in Change-Prozessen?

Ja, die Parallelen sind offensichtlich: Es ist bequemer in der eigenen Komfortzone. Wozu sich also mit etwaigen Vorteilen der Veränderung auseinanderzusetzen? Wenn unsere Bereitschaft groß genug ist, Geld und Zeit in die persönliche Weiterbildung oder auch nur in die Informationsgewinnung zu investieren, trifft Change Management auf fruchtbaren Boden.

Gibt es unterschiedliche Phasen, die ein Mensch durchläuft, wenn es zu einer Veränderung am Arbeitsplatz kommt?

Im Allgemeinen durchlaufen Mitarbeiter sieben Phasen, die man als einen „idealtypischen“ Veränderungsprozess bezeichnen kann:
Es beginnt mit einem Schock über den großen Unterschied zwischen den hohen Erwartungen und der eingetroffenen Wirklichkeit. Darauf folgt die Phase des Festhaltens, die von der Phase der Einsicht in die Notwendigkeit von Veränderung abgelöst wird. In der dann folgenden Phase stehen die Akzeptanz und damit das Loslassen im Vordergrund. Die fünfte Phase ist durch das Ausprobieren neuer Verhaltensweisen gekennzeichnet. In Phase sechs kommt die Erkenntnis, warum gewisse Maßnahmen zum Erfolg führen und andere nicht. Die letzte Phase schließlich integriert gewonnene Erfahrungen und erprobte neue Maßnahmen.

• Welche Rolle spielt dabei Nachbereitung?

Die Rolle der Nachbereitung kann gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein gutes Beispiel dafür ist die Post-Merger-Integration, die sich – quasi als Teil des Veränderungsprozesses bei einem Unternehmenszusammenschluss – als standardisierte Beratungsleistung verselbständigt hat. Und ohne die ist ein erfolgreicher Unternehmenszusammenschluss undenkbar.

• Haben Sie in Ihrer Karriere selbst große Veränderungsprozesse erlebt und mussten mit eigenen Widerständen klarkommen?

Ich selber habe zwei große Merger-Prozesse und ebenso zwei Restrukturierungsprogramme verantwortlich begleitet. Insbesondere bei den Restrukturierungen hatte ich mit meinen eigenen Widerständen zu kämpfen.

 

Das Interview wurde geführt von:

Christa Schwandtner
Content- und Eventmarketing

Wiesner-Hager Möbel GmbH • 4950 Altheim • Linzer Straße 22

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1 Kommentar

  1. Zwei Einwände, dass es wohl sinnvoll ist bei „dritten Vater“ des Widerstands anzufangen und beim „ersten Vater“ zu enden, um Verändrungsprozesses zu enden, Gibt es eine Totalverweigerung steigt meist der Druck durch Mißerfolge, dsss aus der Not dann Einsicht oder wenn nicht die Insolvenz dee Unternehmens.
    Der weitere Einwand bezieht sich aif dss Phadsenmodell, welches suggiert, dass die beschreibbar linear in einer Linie verlaufen, abgrenzbar und definierbar sind und nur dieser Weg geht. Dabei können hier Phasen gar nicht auftreten, sich überlappen oder umkehren sind wissenschaftlich schlecht abgesichert so im der Theorie über Gruppen und Gruppenarbeit oder im Sterbeprozess eines jeden von uns,daher ist dies nur eine interessante strukturelle Beschreibung und vielleicht noch Leitlinie zur Orientierung in der Beschreibung, mehr nicht,

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