Kann sich jeder ‚Schiffschaukelbremser mit Wochenendkurs‘ auch Berater nennen?

Ja, er kann. Und zwar zum Beispiel ‚Berater für sachgerechtes Abbremsen von Schiffschaukeln‘. Warum auch nicht? Es gibt schließlich auch Berater für Ehevorbereitung, Berater für Findungsprozesse, Berater für Deutschen Wein, Abfallberater, Berater für Altersfragen oder Berater für Pferdefütterungsmanagement – um nur einige der über 2.500 Beraterprofile zu nennen. Warum ist das so? Weil die Berufsbezeichnung Berater gesetzlich nicht geschützt ist. Ist das schlimm? Nein, denn Beratung ist in erster Linie ein Vertrauensgeschäft und all die Schwarzen Schafe, die schnell Kasse machen wollen, merken sehr schnell, dass Unternehmensberater werden nicht schwer, sein aber schon ist.

Übrigens ist auch das englische Äquivalent für Beratung, nämlich Consulting ebenfalls nicht geschützt. In diesen Sektor gehören insbesondere auch die Unternehmensberatung, das Management Consulting und die IT-Beratung, die zusammen die Beratungsbranche ausmachen. Und genau diese Branche hat sich in den letzten 40 Jahren entwickelt wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig – und das augenscheinlich mit höchster Professionalität! Ihr Einfluss strahlt in alle Wirtschaftsbereiche aus. Sie wächst deutlich schneller als das Sozialprodukt. Der wesentliche Grund ist der ständige wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Wandel, mit dem sich Unternehmen konfrontiert sehen und zu dessen erfolgreicher Bewältigung sie sich externes Wissen ins Haus holen.

Doch ist es das Wissen allein, das die Kundenunternehmen nicht haben und es daher bei den Unternehmensberatungen einkaufen? Was ist überhaupt die Aufgabe der Unternehmensberatungen? Was ist ihre Existenzberechtigung? Welche (volkswirtschaftliche) Funktion hat eigentlich die Beratungsbranche?

Neben der eben angesprochenen Wissenstransferfunktion ist es vor allem die Kapazitätsausgleichsfunktion. Dabei geht es um abrufbare Beratungskapazitäten, die das Kundenunternehmen selbst nicht hat bzw. kurzfristig nicht wirtschaftlich aufbauen kann.

Ein weiterer Existenzberechtigungsbaustein ist die Prüfungsfunktion, nach der die Unternehmensberater zur Überprüfung von Annahmen, bei Auswahl- und Entscheidungsprozessen oder als Gutachter eingesetzt werden. Wichtig ist auch die Impulsfunktion, denn Unternehmensberater setzen sich frühzeitig mit einzel- und gesamtwirtschaftlichen Trends auseinander und geben so Impulse für Innovationen.

Eine (latente) Politik-, Durchsetzungs- und Legitimationsfunktion spielt immer dann eine Rolle, wenn der Berater zur Unterstützung des Top-Managements bestimmten Ideen oder Projekten eine höhere Durch- und Umsetzungskraft verleihen soll.

Aus diesem Funktionskatalog wird deutlich, dass es nur wenige ‚Berufe‘ gibt, die so hautnah mit den aktuellen Herausforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft zu tun haben wie Unternehmensberater. Nur wenige ‚Berufe‘ wissen über Trends in Management, Technologie und Organisation ähnlich gut Bescheid wie Berater. Die Begleitung des Wandels (engl. Change) ist das tägliche Brot des Beraters. Für die Kunden ist dies eine hochprofessionelle Dienstleistung, über die man kurzfristig nicht verfügt und sie deshalb vorübergehend ins Unternehmen holt. 

So verwundert es kaum, dass sich die Beratungsbranche zu einer der attraktivsten Industrien überhaupt entwickelt hat. Attraktiv – aber nicht nur für Stake- und Shareholder – sondern auch für junge Hochschulabsolventen: Beratungsunternehmen haben sich in sehr kurzer Zeit zu den attraktivsten Arbeitgebern für High Potentials entwickelt. Doch warum zählen Beratungsunternehmen, die nicht mal ein Berufsrecht haben, zu den begehrtesten Einstiegsadressen für junge Hochschulabsolventen?

Doch wie sieht es mit der Ausbildung der angehenden Consultants aus? Schließlich sollte es der Anspruch eines jeden Beraters sein, bestimmte Themenbereiche besser zu beherrschen als der, der beraten wird. Die Frage ist nicht nur berechtigt, nein, sie ist existenziell, denn es gibt für den Unternehmensberater keine vorgeschriebenen Ausbildungswege und keine förmliche Berufszulassung. Daher kann sich ja jeder ‚Berater für sachgerechtes Abbremsen von Schiffschaukeln‘ als Unternehmensberater bezeichnen (siehe oben).

Inzwischen sind es etwa 50 Consulting-Studiengänge im Bachelor- und Masterbereich, die sich bundesweit etabliert haben. Darüber hinaus machen pro Semester weit mehr als 100 Lehrveranstaltungen, die zumeist über den Umweg der Managementlehre das Gebiet der Unternehmensberatung bedienen, deutlich, welch eine Nachfrage die „Consulting-Lehre“ entfacht hat. Das verwundert auch deshalb nicht, weil eine abwechslungsreiche, herausfordernde Tätigkeit, gutes Arbeitsklima, selbstständiges Arbeiten, hervorragende Weiterbildungsmöglichkeiten, sehr gute Bezahlung und ein idealer Karriereeinstieg mit dem Berufsbild des Beraters in Verbindung gebracht werden. Den offensichtlichen Vorzügen dieser Profession stehen allerdings außerordentlich hohe Anforderungen an Mobilität und Flexibilität gegenüber. Besonders im Fokus steht dabei eine Work-Life-Balance, welche die Berater in den allermeisten Beratungsunternehmen vor große Herausforderungen stellt.

Kommen wir zurück zu den Anforderungen an die Ausbildung der Berater. Vielleicht sind die fehlenden Ausbildungsleitlinien auch der Grund dafür, dass es bislang so wenig fundiertes Ausbildungsmaterial, sprich: Literatur, auf diesem Gebiet gibt. Zwar gibt es Einstiegsliteratur für die Bewerbung in einer Unternehmensberatung zu genüge. Aber was kommt danach? Die gewaltige Dynamik und der Bedarf an Struktur, Konzepten und Methodik in diesem spannenden und prosperierenden Umfeld verlangen geradezu nach einem Consulting-Lehrbuch, das speziell die Zielgruppe der (häufig orientierungslosen) Studierenden anspricht.

Dieser offensichtliche Bedarf in Verbindung mit der Faszination des Beratungsgeschäfts hat mich dazu motiviert, ein (erstes) Consulting-Lehrbuch zu verfassen und damit die oben beschriebene Lücke zu schließen. Marketing und Vertrieb, Leistung und Technologie, Personal und Management sowie Controlling und Organisation heißen die Erfolgsfaktoren des Beratungsgeschäfts. Und genau diesen Erfolgsfaktoren widmet sich jetzt das erste, didaktisch aufbereitete Consulting-Lehrbuch.

Der vollständige Titel des Lehrbuchs lautet: „Grundlagen der Unternehmensberatung. Strukturen – Konzepte – Methoden“ und ist hier erhältlich:

Ersten Kommentar schreiben

Antworten

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .