„Jeder Veränderung wohnt ein Zauber inne, der uns hilft zu überleben“

Dieses etwas abgewandelte Zitat von Hermann Hesse könnte das Motto für jeden Change Management-Prozess sein. Doch genau das Gegenteil ist bei betrieblichen Veränderungen – so wie sie jetzt der deutschen Automobilindustrie ins Haus stehen – der Fall:

Jede Veränderung löst Verunsicherung, teilweise sogar Ängste und das Gefühl von Kontrollverlust bei den Mitarbeitern aus. Sie wissen nicht, was auf sie zukommt, wie sie sich in der neuen Situation oder während der Übergangsphase verhalten sollen. Ganz gleich ob es sich um Restrukturierungen, umfassende Prozessveränderungen, um die Implementierung von ERP-Systemen (SAP), um die Neuausrichtung von Strategien (z.B. im Bereich der Antriebstechnologien) oder um Post-Merger-Integrationen handelt, Widerstände sind ganz normale und unvermeidliche Begleiterscheinungen von Veränderungsprozessen. Der Widerstand gilt daher auch als der Zwillingsbruder der Veränderung.

Gründe für Widerstände

Doch worauf lassen sich solche Widerstände zurückführen, wenn die angestrebten Veränderungen doch (über-)lebenswichtig sind? Widerstände lassen sich oftmals auf fehlende Akzeptanz und Perspektiven bei den Betroffenen zurückführen. Die Zufriedenheit mit der aktuellen Situation oder auch sachliche, persönliche oder machtpolitische Gründe können für das Nicht-Wollen vorliegen. Widerstände können aber auch auf fehlender Qualifikation beruhen. Aus Angst vor Versagen nimmt man am Veränderungsprozess nicht teil oder versucht ihn zu unterlaufen. Häufig ist es auch fehlendes Verständnis für den Veränderungsdruck. Mangelnde oder falsche Informationen über die Gründe und Notwendigkeit der Veränderung sind i. d. R. auf fehlerhafte Kommunikation zurückzuführen.

Reaktionen auf Widerstände

Reagieren alle betroffenen und beteiligten Mitarbeiter in gleicher Weise mit Widerstand? Nein, hinsichtlich der Reaktionen auf geplante Veränderungen lassen sich unterschiedliche Personengruppen unterscheiden. Etwa ein Drittel der Betroffenen steht den Veränderungen offen und positiv gegenüber, ein Drittel verhält sich abwartend und neutral und das letzte Drittel lehnt den Wandel leidenschaftlich ab.

Typologie der Widerständler

Differenziert man diese Einteilung weiter, so hat die Literatur sieben Typen von Personen in Verbindung mit Veränderungsreaktionen ausgemacht, wobei eine Normalverteilung der einzelnen Typen unterstellt wird:

  • Visionäre und Missionare. Diese eher kleine Schlüsselgruppe gehört in der Regel dem Top-Management an und haben die Ziele und Maßnahmen des geplanten Wandels mit erarbeitet oder mit initiiert. Sie sind vom Veränderungserfolg überzeugt und versuchen nun, die übrigen Organisationsmitglieder von der Notwendigkeit der Veränderung zu überzeugen.
  • Aktive Gläubige. Auch diese Personengruppe akzeptiert den bevorstehenden Wandel und ist bereit, ihre ganze Arbeits- und Überzeugungsarbeit einzusetzen, um die Ziele und neuen Ideen in die Organisation zu tragen.
  • Opportunisten. Sie wägen zunächst einmal ab, welche persönlichen Vor- und Nachteile der Wandel für sie bringen kann. Gegenüber ihren veränderungsbereiten Vorgesetzten äußern sie sich positiv, gegenüber ihren Kollegen und Mitarbeitern eher zurückhaltend und skeptisch.
  • Abwartende und Gleichgültige. Diese größte Personengruppe zeigt eine sehr geringe Bereitschaft, sich aktiv an der Veränderung zu beteiligen. Sie wollen erst einmal Erfolge sehen und eine spürbare Verbesserung ihrer persönlichen Arbeitssituation erfahren.
  • Untergrundkämpfer. Sie gehen verdeckt vor und betätigen sich als Stimmungsmacher gegen die Neuerungen.
  • Offene Gegner. Diese Gruppe von Widerständlern, der es um die Sache und nicht um persönliche Privilegien geht, zeigt ihre ablehnende Haltung offen. Sie argumentiert mit „offenem Visier“ und ist davon überzeugt, dass die Entscheidung falsch und der eingeschlagene Weg nicht zielführend ist.
  • Emigranten. Diese eher kleine Gruppe hat sich entschlossen, den Wandel keinesfalls mitzutragen und verlässt das Unternehmen. Häufig handelt es sich dabei um Leistungsträger, die nach der Veränderung keine ausreichende Perspektive für sich sehen.

Allerdings muss auch hierzu angemerkt werden, dass die unterstellte Normalverteilung durchaus plausibel erscheint, empirisch aber nicht abgesichert ist.

Voraussetzungen für den Change-Erfolg

Die entscheidende Frage ist aber nun, wie sich der Erfolg von Change Management-Projekten sicherstellen lässt. Generell sind es drei Voraussetzungen, die den Erfolg von Change Management-Projekten bestimmen:

  • Veränderungsbedarf, d. h. die grundsätzliche Erkenntnis und Überzeugung, dass eine Veränderung zu einer besseren Ausgangssituation führt
  • Veränderungsfähigkeit, d. h. das Potenzial von Führungskräften und Mitarbeitern, die Veränderung erfolgreich umzusetzen
  • Veränderungsbereitschaft, d. h. den Willen aller Beteiligten und Betroffenen zur Umsetzung.

Nur wenn alle drei Voraussetzungen zusammen kommen, hat das Change Management „leichtes Spiel“. Und das gilt grundsätzlich für alle Unternehmensebenen – also sowohl für das Top-Management als auch für die gesamte Belegschaft.

In der Abbildung sind die Beziehungszusammenhänge von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft dargestellt.

Zusammenhang von Veränderungsbedarf, -fähigkeit und -bereitschaft

Das Wichtigste: die richtige Kommunikation

Ein wichtiger Bestandteil des Change Management ist eine klare, konsequente und konsistente Kommunikation. Eine rechtzeitige und offene Information der Organisationsmitglieder über die Ursachen, Ziele und Fortschritte des Wandels stellt sicher, dass die Gründe für die Einleitung eines Veränderungsprozesses auch verstanden werden. Führungskräfte und Mitarbeiter werden sich nur dann für den Wandel einsetzen, wenn sie ausreichend über das Veränderungsvorhaben informiert sind und den Gesamtzusammenhang zur Unternehmens- bzw. Marktstrategie kennen. Alle Beteiligten und Betroffenen müssen mit geeigneten Kommunikationsmitteln und -maßnahmen angesprochen werden, um ein konsistentes Bild der Veränderung zu erzeugen. Der Aufbau eines vertrauensvollen Kommunikations- und Arbeitsklimas, das ein laufendes Feedback über den Veränderungsprozess fordert und in die Maßnahmengestaltung einfließen lässt, ist somit eine ganz wichtige Voraussetzung für den erfolgreichen Unternehmenswandel.

Jedes Change Management-Team sollte sich darüber im Klaren sein, dass sich ohne Ziele, Aktionspläne, Ressourcen, Fähigkeiten, Anreize und Informationen die gewünschte Veränderung nicht einstellen wird. Im Gegenteil, fehlt bereits eine dieser Komponenten, so ist Aktionismus, Chaos, Frustration, Angst oder Verwirrung vorprogrammiert.

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