Kann sich wirklich jeder ‚Schuhputzer mit Visitenkarte‘ heutzutage Berater nennen?

Ja, er kann. Rein rechtlich gesehen, denn der Berufsstand der Unternehmensberater hat kein Berufsrecht und die Bezeichnung „Unternehmensberater“ ist gesetzlich nicht geschützt. Im Gegensatz zum Beruf und den Dienstleistungen der Wirtschaftsprüfer oder der Rechts- und Steuerberater unterliegt die ‚Profession‘ Unternehmensberatung in Deutschland keinem rechtlich geregelten Berufsschutz. Auch fehlt ein Berufsregister mit einer klaren Berufsbezeichnung für betriebswirtschaftlich-kaufmännische Berater im Rahmen einer Berufsordnung.

Dessen ungeachtet hat sich die Beratungsbranche in den letzten 35 Jahren entwickelt wie kaum eine andere Branche – und das augenscheinlich mit höchster Professionalität! Ihr Einfluss strahlt in alle Wirtschaftsbereiche aus. Sie wächst deutlich schneller als das Sozialprodukt. Der wesentliche Grund ist der ständige wirtschaftliche, gesellschaftliche und technologische Wandel, mit dem sich Unternehmen konfrontiert sehen und zu dessen erfolgreicher Bewältigung sie sich externes Wissen ins Haus holen.

So verwundert es kaum, dass sich die Beratungsbranche zu einer der attraktivsten Industrien überhaupt entwickelt hat. Attraktiv – aber nicht nur für Stake- und Shareholder – sondern auch für junge Hochschulabsolventen: Beratungsunternehmen haben sich in sehr kurzer Zeit zu den attraktivsten Arbeitgebern für High Potentials entwickelt. Doch warum zählen Beratungsunternehmen, die nicht mal ein Berufsrecht haben, zu den begehrtesten Einstiegsadressen für junge Hochschulabsolventen?

Die Antwort ist schnell gegeben: Nur wenige ‚Berufe‘ haben es so hautnah mit den aktuellen Herausforderungen von Wirtschaft und Gesellschaft zu tun wie Unternehmensberater. Nur wenige ‚Berufe‘ wissen über Trends in Management, Technologie und Organisation ähnlich gut Bescheid wie Berater. Diese gehören einer Branche an, die sich wie kaum eine andere dynamisch bewegt und täglich vor neue Herausforderungen gestellt wird. Sie, die dieses Business betreiben, erleben hautnah mit, wie sich Unternehmen, ganze Branchen und Märkte in kurzer Zeit bewegen und verändern. Die Begleitung des Wandels (engl. Change) ist das tägliche Brot des Beraters. Für die Kunden ist dies eine hochprofessionelle Dienstleistung, über die man kurzfristig nicht verfügt und sie deshalb vorübergehend ins Unternehmen holt.

Doch wie sieht es mit der Ausbildung der angehenden Consultants aus? Schließlich sollte es der Anspruch eines jeden Beraters sein, bestimmte Themenbereiche besser zu beherrschen als der, der beraten wird. Die Frage ist nicht nur berechtigt, nein, sie ist existenziell, denn es gibt für den Unternehmensberater keine vorgeschriebenen Ausbildungswege und keine förmliche Berufszulassung. Daher kann sich ja jeder ‚Schuhputzer mit Visitenkarte‘ als Unternehmensberater bezeichnen (siehe oben).

Inzwischen sind es mehr als 40 Consulting-Studiengänge im Bachelor- und Masterbereich, die sich bundesweit etabliert haben. Darüber hinaus machen pro Semester weit mehr als 100 Lehrveranstaltungen, die zumeist über den Umweg der Managementlehre das Gebiet der Unternehmensberatung bedienen, deutlich, welch eine Nachfrage die „Consulting-Lehre“ entfacht hat. Das verwundert auch deshalb nicht, weil eine abwechslungsreiche, herausfordernde Tätigkeit, gutes Arbeitsklima, selbstständiges Arbeiten, hervorragende Weiterbildungsmöglichkeiten, sehr gute Bezahlung und ein idealer Karriereeinstieg mit dem Berufsbild des Beraters in Verbindung gebracht werden. Den offensichtlichen Vorzügen dieser Profession  stehen allerdings außerordentlich hohe Anforderungen an Mobilität und Flexibilität gegenüber. Besonders im Fokus steht dabei eine Work-Life-Balance, welche die Berater in den allermeisten Beratungsunternehmen vor große Herausforderungen stellt.

Kommen wir zurück zu den Anforderungen an die Ausbildung der Berater. Vielleicht sind die fehlenden Ausbildungsleitlinien auch der Grund dafür, dass es bislang so wenig fundiertes Ausbildungsmaterial, sprich: Literatur, auf diesem Gebiet gibt. Zwar gibt es Einstiegsliteratur für die Bewerbung in einer Unternehmensberatung zu genüge. Aber was kommt danach? Die gewaltige Dynamik und der Bedarf an Struktur, Konzepten und Methodik in diesem spannenden und prosperierenden Umfeld verlangen geradezu nach einem Consulting-Lehrbuch, das speziell die Zielgruppe der (häufig orientierungslosen) Studierenden anspricht.

Dieser offensichtliche Bedarf in Verbindung mit der Faszination des Beratungsgeschäfts haben mich dazu motiviert, ein (erstes) Consulting-Lehrbuch zu verfassen und damit die oben beschriebene Lücke zu schließen. Marketing und Vertrieb, Leistung und Technologie, Personal und Management sowie Controlling und Organisation heißen die Erfolgsfaktoren des Beratungsgeschäfts. Und genau diesen Erfolgsfaktoren widmet sich jetzt das erste, didaktisch aufbereitete Consulting-Lehrbuch.

Der vollständige Titel des Lehrbuchs lautet: „Grundlagen der Unternehmensberatung. Strukturen – Konzepte – Methoden“ und ist hier erhältlich.

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