„Grandioser Beschiss auf breiter Ebene“

Wie sich durch Corona die „schwarzen Schafe“ unter den Consultants vermehrt haben

Die Leser dieses Blogs wissen es schon lange: Der Berufsstand der Unternehmensberater hat kein Berufsrecht und die Bezeichnung „Unternehmensberater“ ist gesetzlich nicht geschützt. Jeder ‚Schuhputzer mit Visitenkarte‘ kann sich also Unternehmensberater nennen. Eigentlich ist das auch nicht weiter schlimm, denn Beratung ist in erster Linie ein Vertrauensgeschäft und all die ‚schwarzen Schafe‘, die schnell Kasse machen wollen, merken sehr schnell, dass Unternehmensberater werden nicht schwer, Unternehmensberater sein aber schon anspruchsvoll ist. Doch diesmal – im Zuge der Corona-Krise – ist den seriösen Vertretern der Beratungsbranche das fehlende Berufsrecht offensichtlich auf die Füße gefallen. Warum?

Gut gedacht – aber stümperhaft ausgeführt

Kurz nach Beginn der Corona-Krise wurde die bisherige „Förderung unternehmerischen Know-hows“ des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in ein Sofortprogramm für KMUs umgewandelt. Im Rahmen dieses Förderprogramms stellt der Bund Kleinunternehmern und Freiberuflern die Übernahme von bis zu 4000 Euro Beratungskosten in Aussicht, wenn sie sich in der Corona-Krise externe Hilfe von Unternehmensberatern holen wollen.

Doch was gut gedacht war, entpuppt sich nach Recherchen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR als Rohrkrepierer in zweifacher Hinsicht.

Erstens: Die Aussicht auf schnelles Geld lockt viele Geschäftemacher an, die sich Unternehmensberater nennen und nun beim BAFA als solche akkreditiert werden wollen. Wer die 4000 Euro Beratungshonorar kassieren will, muss nämlich dort registriert sein. Laut Wirtschaftsministerium sind über 8500 Anträge „von neuen Beratern auf Akkreditierung“ in sehr kurzer Zeit eingegangen. Über Nacht also 8500 neue Berater, deren Qualifikation mehr als zweifelhaft ist.

Unseriöse Angebote

Zweitens: Andere Beraterfirmen wiederum lassen nichts unversucht, möglichst viele Kunden zu möglichst vielen Zuschussanträgen zu überreden. Ob mit ‚Massenmails‘ ganze Berufsgruppen von Selbständigen abgegrast werden, ob den Klienten ein kostenfreies Marketingkonzept versprochen wird oder ob für ein Verbund von 30 Finanzberatern 30 Mal der Zuschussantrag gestellt wird und von einem Teil des Geldes ein neuer Marketing-Auftritt finanziert wird, alles dient dem Ziel, Förderanträge am laufenden Band einzusammeln und damit jeweils 4000 Euro zu kassieren. Laut Süddeutscher Zeitung spricht ein seriöser Berater von „grandiosem Beschiss auf breiter Ebene“.

Das vorläufige Ergebnis dieser Aktionen: Das Bundesamt wurde von Anträgen geradezu überrollt. Nach nur wenigen Wochen waren es über 27.000 Anträge – was einer maximalen Fördersumme von mehr als 100 Millionen Euro gleichkäme. Im Bundeshaushalt 2020 waren für das Programm gerade einmal 15,34 Millionen Euro vorgesehen.

Trittbrettfahrer

Der Bundesverband deutscher Unternehmensberater BDU, dessen Mitglieder ein strenges Aufnahmeverfahren durchlaufen müssen, hält es grundsätzlich für richtig, dass die Politik schnell ein Instrument geschaffen hat, um der corona-betroffenen Wirtschaft bei der Krisenbewältigung zu helfen. Allerdings wundert sich der BDU über das stümperhafte Vorgehen des BAFA, das die Corona-Beratung zu 100 Prozent bezuschusst. BDU-Präsident Ralf Strehlau: „Die Inanspruchnahme sollte daran geknüpft sein, dass der Eigenanteil des beratenen Unternehmens mindestens 20 Prozent beträgt. Damit vermeidet man einfache und nicht gewünschte Mitnahmeeffekte.“

Da das bereitgestellte Geld bei weitem nicht reichen wird, hat nach Informationen von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung das Wirtschaftsministerium intern bereits am 19. April die Notbremse gezogen. Es wurden keine Anträge mehr bearbeitet. Auf die BAFA kommt also eine echte Herkules-Aufgabe zu. Denn bevor die mehr als 27.000 Anträge ausgezahlt werden, muss in jedem Einzelfall geprüft werden, ob tatsächlich die geforderte Beratung auch umgesetzt wurde.

Quellen:

https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/corona-hilfen-berater-103.html?fbclid=IwAR31TAiXklM06yplmG6gKCBc9n0bUlrBSbSSCY9Z0ON0-PD5woBVEVw8-lA

https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/corona-hilfe-betrug-unternehmen-1.4907504

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