Die Nobelpreis-Saison ist eröffnet. Den Anfang machen jedes Jahr im Herbst die Mediziner, dann kommen die Physiker und Chemiker. Es folgt die Bekanntgabe des Literaturpreisträgers und des Friedensnobelpreises. Den Abschluss bildet die Auszeichnung für Wirtschaftswissenschaften. Seit 1901 wurden die Nobelpreise an über 900 Preisträger verliehen. Spitzenreiter sind die USA (353) vor Großbritannien (115) und Deutschland (84). Besonders stark vertreten sind deutsche Forscher bei den Chemikern (29) und bei den Physikern (25).
Allerdings ist in den letzten Jahren die Anzahl der Auszeichnungen für deutsche Forscher stark rückläufig. Kam vor dem Zweiten Weltkrieg jeder fünfte Preisträger aus Deutschland und in den 1980er Jahren noch jeder Zehnte, so sind es in diesem Jahrzehnt weniger als zwei Prozent – also nur noch jeder Fünfzigste. In den letzten fünf Jahren ist kein Nobelpreis mehr nach Deutschland gegangen. Der letzte deutsche Preisträger war Stefan Hell, Direktor am Göttinger Max-Planck-Institut, der 2014 den Chemienobelpreis für seine bahnbrechende Entdeckung in der Mikroskopie-Technik erhielt.
Müssen wir uns Sorgen machen? Hat unser Forschungssystem versagt? Hat das etwas mit der Bologna-Reform zu tun? Oder wollen wir keine Eliten mehr? Über die Ursachen dieser rückläufigen Entwicklung kann man nur spekulieren.
Ein Nobelpreis kann an eine, zwei oder drei Personen verliehen werden (Ausnahme sind Institutionen als Preisträger beim Friedensnobelpreis). Es ist erkennbar, dass gerade bei den Naturwissenschaften in den letzten Jahrzehnten zunehmend zwei oder drei Preisträger ausgezeichnet werden. Das deutet letztendlich darauf hin, dass ein Nobelpreis Teamwork ist. Daher hilft vielleicht ein Blick auf die Rangliste der Universitäten und Institute, welche die meisten Nobelpreisträger hervorgebracht haben. Danach sind unter den ersten zehn allein acht Universitäten bzw. Institute, die ihren Sitz in den USA haben. Mit dem Max-Planck-Institut und der Universität Cambridge kommt lediglich jeweils eine Universität/ein Institut aus Deutschland und Großbritannien. Dies kann ein Indiz dafür sein, dass die Forschungsbedingungen an den Eliteuniversitäten der USA doch signifikant besser als in anderen Ländern sind.
Wenn es nach Alfred Nobel, dem Stifter des Preises, geht, gebührt allerdings keinem Land die Ehre. So bekundete Nobel in seinem Testament ausdrücklich, dass bei der Verleihung des Preises „auf die Nationalität der Kandidaten keine Rücksicht genommen werden dürfe“. Vielleicht ist das ein Trost für alle Länder, die sich gerne mit den Leistungen ihrer Wissenschaftler schmücken, sich aber in den Ranglisten nicht in der gewünschten Position sehen.
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