Was ist eigentlich die zweigeteilte Personalmarketing-Gleichung?

Das Personalmanagement kennt zwei Zielgruppen: die Mitarbeiter und die, die Mitarbeiter werden wollen – also die Bewerber. Entsprechend gibt es auch zwei Wertschöpfungsketten im Personalbereich: einmal den Personalbetreuungsprozess und einmal den Personalbeschaffungsprozess. Der Betreuungsprozess hat die Optimierung der Mitarbeiterbindung zum Ziel, die Beschaffung zielt auf die optimale Gewinnung neuer Mitarbeiter ab.

Wertschöpfung und Wettbewerbsvorteil als Grundideen der Personalmarketing-Gleichung

Beide Prozessketten bestehen aus jeweils fünf Prozessgliedern. Die Prozesskette der Personalbeschaffung kennt folgende Glieder:

  • Segmentierung (des Arbeitsmarktes) zur Optimierung des Bewerbernutzens
  • Positionierung (im Arbeitsmarkt) zur Optimierung des Bewerbervorteils
  • Signalisierung (im Arbeitsmarkt) zur Optimierung der Bewerberwahrnehmung
  • Kommunikation (mit dem Bewerber) zur Optimierung des Bewerbervertrauens
  • Personalauswahl, -integration und -einsatzzur Optimierung der  

Die Prozesskette der Personalbetreuung hat folgende Prozessschritte:

  • Personalvergütung zur Optimierung der Gerechtigkeit (gegenüber dem Mitarbeiter)
  • Personalführung zur Optimierung der Wertschätzung (gegenüber dem Mitarbeiter)
  • Personalbeurteilung zur Optimierung der Fairness (gegenüber dem Mitarbeiter)
  • Personalentwicklung zur Optimierung der Forderung und Förderung (des Mitarbeiters)
  • Personalfreisetzung zur Optimierung der Erleichterung (des Mitarbeiters).

Beide Teilziele der personalen Wertschöpfungskette, also die Mitarbeitergewinnung und die Mitarbeiterbindung, lassen sich nur dann erreichen, wenn es den Personalverantwortlichen gelingt, die Vorteile des eigenen Betriebes auf die Bedürfnisse potentieller Mitarbeiter (Bewerber) und vorhandener Mitarbeiter auszurichten.

Diese Vorteile resultieren aus dem Leistungsportfolio, den besonderen Fähigkeiten, dem Know-how, der Innovationskraft und aus der Arbeitskultur, kurzum: das Differenzierungspotenzial des Betriebes. Das Differenzierungspotenzial kennzeichnet also jene Elemente, aus denen Bewerber und vorhandene Mitarbeiter die Einzigartigkeit des Betriebes erkennen können.

Analogie zum klassischen Absatzmarketing

Eine solche Aufgabenstellung erfordert eine Vorgehensweise, die in enger Analogie zum Vorgehen auf den Absatzmärkten steht. Im Absatzmarketing (also im klassischen Marketing) ist der Kunde mit seinen Nutzenvorstellungen Ausgangspunkt aller Überlegungen. Im Personalmarketing ist der gegenwärtige und zukünftige Mitarbeiter der Kunde. Die Anforderungen der Bewerber und der Mitarbeiter an den (potenziellen) Arbeitgeber bilden somit die Grundlage für ein gezieltes Personalmarketing. Um im Wettbewerb um Mitarbeiter erfolgreich zu bestehen, müssen geeignete Bewerber genauso umworben werden, wie potenzielle Käufer von Produkten und Dienstleistungen. Daher ist es auch eine logische Folge, dass Begriffe wie Positionierung (Differenzierung vom Wettbewerb), Segmentierung (Einteilung des Marktes in Zielgruppen), Kommunikation oder auch Branding (Markenführung), die allesamt ihren Ursprung und ihre konzeptionellen Wurzeln im klassischen Marketing haben, auf das Personalmarketing übertragen werden.

Zwei Wertschöpfungsketten, an denen sich das Personalmanagement messen lassen muss

Aus den beiden Teilzielen der personalen Wertschöpfungskette (Mitarbeitergewinnung und Mitarbeiterbindung) lassen sich zwei Zielfunktionen ableiten, eine zur Optimierung der Prozesskette Personalbeschaffung und eine zur Optimierung der Prozesskette Personalbetreuung. Dieser Optimierungsansatz lässt sich in seiner Gesamtheit auch – analog zur Marketing-Gleichung im Absatzmarketing – als (zweigeteilte) Personalmarketing-Gleichung darstellen:

  • Für die Prozesskette Personalbeschaffung:

Vom Bewerber honorierter Wettbewerbsvorteil = Wettbewerbsvorteil (an sich) + Bewerber­nutzen + Bewerbervorteil + Bewerberwahrnehmung + Bewerbervertrauen + Bewerberakzeptanz

  • Für die Prozesskette Personalbetreuung:

Vom Mitarbeiter honorierter Wettbewerbsvorteil = Wettbewerbsvorteil (an sich) + Gerechtigkeit + Wertschätzung + Fairness + Forderung/Förderung + Erleichterung

Abbildung 1 veranschaulicht den ganzheitlichen Ansatz der Personalmarketing-Gleichung, indem sie die einzelnen Prozessschritte in einen zeitlichen und inhaltlichen Wirkungszusammenhang stellt. Dabei ist besonders zu beachten, dass die beiden Prozessketten unabhängig von der jeweiligen Größenordnung des Betriebes sowohl für die Personalgewinnung als auch für die Personalbindung durchlaufen werden.

Abbildung 1: Die zweigeteilte Personalmarketing-Gleichung

Die Waage als Gleichgewichtsbeziehung

Dabei geht es nicht um eine mathematisch-deterministische Auslegung dieses Begriffs. Angestrebt ist vielmehr der Gedanke eines herzustellenden Gleichgewichts (und Identität) zwischen dem Wettbewerbsvorteil an sich und dem vom Bewerber bzw. Mitarbeiter honorierten Wettbewerbsvorteil. Mit anderen Worten, hinter dieser Begriffsbildung steht die Überlegung, dass das Gleichgewicht durch die Addition der einzelnen, an Bewerber bzw. Mitarbeiter ausgerichteten Prozessphasen erreicht werden kann. Zur Veranschaulichung dieser Gleichgewichtsbeziehung dient die in der unten stehenden Abbildung 2 vorgenommene Darstellung in Form einer Waage.

Abbildung 2:  Die Personalmarketing-Waage

Dem hier verwendeten Personalmarketing-Begriff liegt folglich ein umfassendes Denk- und Handlungskonzept zugrunde, dass nicht nur auf die Bedürfnisse der potentiellen, sondern auch auf die Bedürfnisse vorhandener Mitarbeiter ausgerichtet ist. Somit ist auch das Ziel des Personalmarketings zweigeteilt: Zum einen gilt es, bedarfsgerechte und hochqualifizierte Mitarbeiter durch eine entsprechende Attraktivitätswirkung auf dem externen Arbeitsmarkt zu gewinnen. Zum anderen müssen die vorhandenen Mitarbeiter durch eine effiziente Gestaltung der Arbeitsbedingungen als wertvolle Ressourcen an den Betrieb gebunden werden. Beide Zielsetzungen sind damit an einer Optimierung der personalen Wertschöpfung ausgerichtet.

Empfohlene Literatur:

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