Warum das Onboarding so extrem wichtig ist

Der erste Arbeitstag ist der wichtigste Arbeitstag für neue Mitarbeiter – ähnlich dem ersten Schultag bei unseren Kindern. Und weil das so ist, sollte der neue Arbeitgeber alles daransetzen, die neuen Mitarbeiter mit einer prallgefüllten Schultüte und nicht mit einer Mohrrübe willkommen zu heißen. Und warum werden unsere Kids zum Schulanfang so reich beschenkt? Warum bekommen diese eine prallgefüllte Schultüte mit viel Leckereien und keine Mohrrübe? Richtig, es soll die Vorfreude geweckt werden. Die Schule soll gleich am ersten Tag gefallen und es dürfen beim ABC-Schützen keinerlei Zweifel aufkommen.

Ein gelungener Einstieg in die Arbeitswelt des neuen Arbeitgebers ist der Grundstein dafür, dass der Neuling von Beginn an die an ihn gestellten Erwartungen erfüllt. Gleichzeitig erwartet aber auch der Neueinsteiger, dass seine Erwartungshaltung gefestigt wird. Die Erfahrungen der Einführungsphase entscheiden sehr häufig über die zukünftige Einstellung (Loyalität) zum Unternehmen und prägen den weiteren Werdegang als Mitarbeiter. Daher sollte dem Neueinsteiger gerade in der ersten Zeit ein hohes Maß an Aufmerksamkeit geschenkt werden. Übrigens: Es sind immer die ersten zwei bis drei Tage bei einem neuen Arbeitgeber, die einem besonders im Gedächtnis bleiben – an die vielen Tage danach wird man sich später nur noch sporadisch erinnern. Das gleiche gilt auch für unsere Erstklässler, denen der erste Schultag ein Leben lang in Erinnerung bleiben wird.

Kommen wir zurück zu unserer prallgefüllten Schultüte. Sie entspricht in der Arbeitswelt dem „Onboarding“, einem eigens für neue Mitarbeiter eingerichteten Basisseminar. Hier kann das Unternehmen alle Register ziehen und sich von der besten Seite zeigen. Die Präsenzen des Personalchefs und vor allem die der Geschäftsleitung, die hierfür zwingend einzuplanen sind, zeigen die Wertschätzung, die man den neuen Mitarbeitern gegenüberbringt. Die neuen Mitarbeiter werden in ihrer Auswahlentscheidung bestärkt und für die weitere Arbeitsphase motiviert. Das Onboarding vermittelt Kontakte über die Grenzen der eigenen Abteilung hinaus und fördert ein besseres Verständnis der Zusammenhänge von Personen und Prozessen im Unternehmen. So können – insbesondere bei größeren Unternehmen – bereits frühzeitig über Abteilungsgrenzen hinweg Netzwerke gebildet und ein für die Unternehmenskultur so wichtiges „Wir-Gefühl“ erzeugt werden. Ein solches Onboarding macht natürlich nur dann Sinn, wenn das Unternehmen mehrere Mitarbeiter pro Quartal einstellt.

Die Rede ist also von einer der wichtigsten Phasen personalwirtschaftlicher Prozesse im Unternehmen: der Personalintegration – leider immer noch ein Fremdwort für viele Unternehmen. Personalintegration beschreibt den Übergang von der Personalbeschaffung zur Personalbetreuung. Hier treffen Bewerber und Unternehmen nach einem positiv verlaufenen Auswahlprozess aufeinander, um das geschlossene Arbeitsverhältnis in eine für beide Seiten gedeihliche Zusammenarbeit umzusetzen. Doch wie sieht Integration neuer Mitarbeiter in der Praxis aus?

Während für den Personalauswahlprozess teilweise Unsummen ausgegeben werden, wird bei der Personalintegration häufig der Rotstift angesetzt. Dabei ist die Integration neuer Mitarbeiter einer der größten Erfolgsfaktoren der gesamten Personalarbeit. Wie Erfahrungen in der Praxis allerdings immer wieder zeigen, lässt sich bei vielen Unternehmen gerade in der Integrationsphase ein großes Verbesserungspotenzial erkennen. Hier sollte es vor allem darum gehen, der besonderen Situation des neuen Mitarbeiters an seinem “ersten Tag“ gerecht zu werden. Da der Neueinsteiger in aller Regel mehrere Optionen bei der Wahl seines Arbeitgebers hatte, wird er Zweifel hegen, ob er die richtige Entscheidung getroffen hat. Das ist ganz normal und nichts Verwerfliches. Dieses in der Sozialpsychologie als kognitive Dissonanz bezeichnete Phänomen tritt immer dann verstärkt auf, je wichtiger die Entscheidung, je ähnlicher die Alternativen, je dringlicher der Entschluss und je niedriger der Informationsstand ist. Somit kommt dem Arbeitgeber die Aufgabe zu, alle Anstrengungen zu unternehmen, um die kognitive Dissonanz des Mitarbeiters aufzulösen bzw. zu beseitigen. Unzufriedene und enttäuschte Neulinge neigen dazu, das Unternehmen bereits in der Probezeit zu verlassen und dadurch hohe Fluktuationskosten zu verursachen.

Im Anschluss an das Onboarding ist es sinnvoll, dem Neueinsteiger einen Paten (Mentor) an die Seite zu stellen, der die Einarbeitungszeit systematisch begleitet und bei Fragen und Problemen entsprechende Hilfestellung leistet. Ein Mentorenprogramm sollte min­destens bis zum Ablauf der Probezeit befristet sein.

Erkennt das Unternehmen oder der neue Mitarbeiter, dass die Erwartungshaltungen nicht erfüllt worden sind bzw. der Mitarbeiter nicht für den Job geeignet ist, so ermöglicht die Probezeit eine sinnvolle Vereinfachung des Trennungsverfahrens.

So, jetzt haben Sie als Arbeitgeber die Wahl: Schenken Sie den neuen Mitarbeitern eine Schultüte oder eine Mohrrübe?

Weitergehende und ausführliche Informationen zur Personalintegration und zum Onboarding finden Sie hier:

Personalmanagement im digitalen Wandel. Der Personalmarketing-Gleichung als Prozess- und wertorientierter Handlungsrahmen, 3. Aufl., Berlin/Boston 2019

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