
In der Betriebswirtschaft gibt es so einige Begriffe, die man aus dem Vokabular getrost streichen kann. Reklame und Employer Branding gehören dazu. Der Unterschied: Reklame ist veraltet und durch Werbung vollumfänglich ersetzt worden. Beim Employer Branding (dt. Arbeitgebermarkenbildung) ist es genau umgekehrt. Der Begriff tauchte erst vor ziemlich genau 25 Jahren in der englischsprachigen Literatur auf und soll ein Unternehmen mit Konzepten aus dem Marketing – insbesondere der Markenbildung – als attraktiven Arbeitgeber darstellen und von anderen Arbeitgebern positiv abheben.
Das Ergebnis von Employer Branding ist die Arbeitgebermarke (engl. Employer Brand), also die vom Unternehmen gezielt gestaltete Art und Weise, wie ein Unternehmen im Arbeitsmarkt als Arbeitgeber wahrgenommen wird.
Es gibt aber bereits eine Marke des Arbeitgebers, die sich an alle Zielgruppen des Unternehmens wendet: die Corporate Brand, also die Unternehmensmarke. Employer Branding ist also nichts anders als eine Teilmenge des Corporate Branding. Eine Unternehmensmarke beinhaltet die Arbeitgebermarke. Denn die Unternehmensmarke (also die Corporate Brand) wendet sich an alle Zielgruppen des Unternehmens, also an die Stakeholder wie: Kunden, Lieferanten, Presse, Gläubiger, Gesellschaft, Anteilseigner (Shareholder) und eben auch an Bewerber und Mitarbeiter.
Wenn man nun für bestimmte Shareholder-Gruppen eine eigene Marke kreieren würde – also beispielsweise eine Arbeitgebermarke für Bewerber und Mitarbeiter – dann müsste man konsequenterweise auch eine Lieferantenmarke oder eine Shareholder-Marke entwickeln. Das ist aber nicht nötig, denn ein leistungsfähiges Corporate Branding, also eine gut geführte Unternehmensmarke, beinhaltet doch alle Merkmale einer starken Arbeitgebermarke mit. Das schließt selbstverständlich nicht aus, dass es unter der Corporate Brand auch Personalanzeigen (als Image- oder als gezielte Suchanzeigen) gibt. Dafür wurde ja das Corporate Branding geschaffen. Wobei – und das ist auch noch wichtig – zum einheitlichen Unternehmensauftritt nicht nur Anzeigen zählen, sondern auch alle Design-Vorlagen (z.B. für Briefpapier, Visitenkarten etc.), die in den sogenannten Stationery hinterlegt sind.
Sollte sich die Employer Brand aber tatsächlich von der Corporate Brand unterscheiden, dann hätte das Unternehmen ein Problem. Denn das wäre so, als wenn die Personalabteilung mit Briefbögen arbeiten würden, die ein anderes Layout haben, als die „normalen“ Briefbögen, die von den übrigen Mitarbeitern benutzt werden.
Trotz dieser eindeutigen Argumente stellt sich die Frage, warum das Employer Branding dann immer noch Hochkonjunktur hat.
Aus meiner Sicht sind es zwei Treiber, die diesen Hype entfacht haben:
Zum einen sind es die Werbeagenturen, die gemerkt haben, dass mit ihrem ureigensten Thema, nämlich das Corporate Branding, längst kein „frisches“ Geld mehr zu verdienen war. Also stieg man von einem Gaul ab, der sich nicht mehr schneller reiten ließ. Stattdessen sattelte man ein neues Pferd in der Hoffnung, hiermit zu neuen Ufern zu kommen. Doch in Wirklichkeit war es derselbe Gaul.
Zum anderen sind es viele Personalberatungen, die neben dem puren Hiring ein Thema gefunden haben, das ein bisschen nach „Beratung“ roch und damit zusätzliche Honorare versprach, ja vielleicht sogar ein neues Geschäftsmodell in Aussicht stellte. Ein solch thematischer Ausflug ist ja auch mal ganz nett – aber eben (für den Kunden) nicht zielführend (weil doppelt gemoppelt!).
Fazit: Ein gutes Unternehmensbranding braucht kein Employer Branding, das ihm an die Seite gestellt wird und sich im Zweifel von ihm unterscheidet. Ein gutes Unternehmensbranding ist automatisch auch immer ein Employer Branding. Man sollte die Dinge also nicht komplizierter machen als sie sind. Schließlich ist das Unternehmen zugleich auch immer der Arbeitgeber.
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