Unternehmenszweck oder Purpose – was ist der Unterschied?

Seit geraumer Zeit hat ein bemerkenswerter Anglizismus die Unternehmenswelt erreicht: Purpose, was übersetzt so viel heißt wie Zweck oder Sinn. Ganz offensichtlich steht dahinter die Überlegung aus dem Generationenvergleich, dass die Generationen Y und Z zunehmend die zu erledigenden Aufgaben hinterfragen, weil sie die Sinnhaftigkeit darin erkennen wollen. Die jungen Generationen beschäftigt also ganz offensichtlich sehr viel stärker Sinn und Zweck ihrer Tätigkeit als frühere Generationen. Für Digital Natives ist es motivierend, berufliches Schaffen mit individuellem Lebenssinn zu verknüpfen. Und das ist gut so, denn der Mensch braucht Orientierung und einen stabilen Kern, um erfolgreich mit den Veränderungen in unserer Umwelt, im Freundes- und Familienkreis und in der Arbeit umgehen zu können.

Diese Erkenntnis trifft aber nicht nur für Individuen, sondern auch für Unternehmen zu. Daher gilt es als ausgemacht, dass ein Unternehmen heute einen Purpose – also eine Mission und eine Vision – braucht. Denn Unternehmen, die ihren Purpose kennen, kennen ihren Zweck und ihre Bestimmung. 

Doch bei genauer Betrachtung ist Purpose so etwas wie „neuer Wein in alten Schläuchen“. Schließlich hat die Betriebswirtschaft mit dem Begriff Unternehmenszweck schon vor viel längerer Zeit genau diesen Purpose geschaffen. Der Unternehmenszweck gibt nämlich vor, welche Art von Leistungen das Unternehmen im Markt erbringen und anbieten soll. Er gibt Antwort auf die Frage. „Was ist unser Geschäft und was wird zukünftig unser Geschäft sein?“ Damit angesprochen ist die Mission und die Vision des Unternehmens.

Die Vision gilt als der „Ursprung der unternehmerischen Tätigkeit“ und als „generelle Leitidee“. Sie beschreibt die Seele des Unternehmens und soll ein positives und damit wünschenswertes Zukunftsbild eines Unternehmens zeichnen.

Die Mission trifft Aussagen über die Kernkompetenz bzw. den Wettbewerbsvorteil, den das Unternehmen mit seinen Produkten, Dienstleistungen oder Lösungen erzielen kann. Sie beschreibt, welche Kundenbedürfnisse befriedigt, welche Kundengruppen bedient und durch welche Aktivitäten, Technologien und Fähigkeiten das Unternehmen den Kunden einen Wert bieten kann.

Und doch lässt sich diesem „neuen Wein“ etwas Gutes abgewinnen – in zweierlei Hinsicht:

Zum einen stellt Purpose mehr den intrinsischen Aspekt in den Vordergrund. Damit wird die Sinnfrage zum gemeinsamen, verbindenden Gedanken zwischen Arbeitnehmern und dem Unternehmen. Sie ziehen gemeinsam an einem Strang. Materielle Anreize reichen Studien zufolge nicht mehr aus, um für qualifizierte Bewerber attraktiv zu sein. Aber ohne eine sinnstiftende Gemeinsamkeit würden sich nicht nur Digital Natives gar nicht erst bewerben, sondern auch langfristig orientierte Investoren würden das Unternehmen meiden.

Zum anderen sollte der intrinsische Aspekt des Purpose den Unternehmen Anlass geben, den Unternehmenszweck im Hinblick auf Mission und Vision zu schärfen. Themen wie endliche Ressourcen und Nachhaltigkeit sind in Zeiten von Fridays for future häufig noch zu wenig im Unternehmenszweck verankert.

 

2 Kommentare

  1. Wow, die Weisheit ihrer Ausführungen sind wie immer bestechend.

    Stellt sich mir die Frage, wie das Gold was Sie verschenken ernsthaft wahrgenommen und in die Köpfe der Entscheider transportiert werden kann.
    Irgendwie wissen das doch Alle. Dennoch sind die Attributionen oder anders gesagt die Grundannahmen (aus bspw. Kultur, Erziehung, Erleben, Sozialisation internal U. external uvm.) in uns so stark und gleichzeitig zu wenig wahrgenommen, dass die besten Ausführungen bestenfalls als nette Empfehlungen gelten.

    Ich persönlich freue mich immer wieder ihren Artikeln zu folgen.

    Herzliche Grüße aus Düsseldorf

    Marion Thiel

  2. Vielen Dank für das Kompliment. Ich weiß es sehr zu schätzen. Meine Blog-Beiträge schreibe ich allerdings nicht für Entscheider, sondern für meine Studierenden, die vielleicht mal Entscheider werden.

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