Kündigung aus eigenem Antrieb – ein nicht seltenes Phänomen

Wenn von Kündigung die Rede ist, dann wird in aller Regel eine Personalfreisetzungsmaßnahme unterstellt, die durch den Arbeitgeber bewirkt wird. Solche Maßnahmen sind immer ein tiefer Einschnitt für die betroffenen Mitarbeiter. Existenzsorgen und Ängste vor einem sozialen Abstieg sind häufige Begleiter in solchen Situationen. Initiatoren solcher Freisetzungen sind zumeist die Fachabteilungen, die eine weitere Zusammenarbeit mit den betroffenen Mitarbeitern nicht mehr sehen.

Doch was ist, wenn ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin aus eigenem Antrieb heraus kündigt? Trotz vermeintlich bester Betreuungs- und Bindungsmaßnahmen geschieht es immer wieder, dass Mitarbeiter, auf die man eigentlich nicht verzichten möchte, von sich aus kündigen. Hier ist ganz offensichtlich das Personalmanagement gefragt, um die wahren Trennungsgründe zu erfahren.

Beginnen wir zunächst einmal beim Offensichtlichen: Vollzeitbeschäftigte verbringen ein Drittel des Tages bei der Arbeit, abzüglich acht Stunden Schlaf sogar die Hälfte. So ist es nur allzu verständlich, dass sich Berufstätige einen Arbeitsplatz wünschen, der zu ihnen passt und an dem sie sich wertgeschätzt fühlen. Zieht man diese grundsätzlichen, aber sehr offensichtlichen Rahmenbedingungen in Betracht, so sind die Ergebnisse einer repräsentativen Online-Befragung von 1.020 Usern (siehe Titelbild), die von der Karriereberatung Von Rundstedt durchgeführt wurde, keine wirkliche Überraschung: Der häufigste Grund sind nicht ausgeglichene Überstunden (67,7 Prozent). Es folgt ein schlechtes kollegiales Umfeld (64,8 Prozent). Auch Stress, Überlastung, enge Timings und Leistungsdruck sind für 60,3 Prozent der Befragten ein Kündigungsgrund, wie die Grafik von Statista zeigt. Bei den Gründen handelt es sich um Faktoren, die ein gutes Personalmanagement beeinflussen kann.

Die Ursache für diese unerwünschte Fluktuation muss aber nicht zwangsläufig auf eine mangelhafte Betreuung zurückzuführen sein. So gibt es noch eine Reihe weiterer Gründe für eine Kündigung aus eigenem Antrieb, die in der Statista-Grafik nicht vorkommt bzw. dort nicht explizit artikuliert wird. Beispiel dafür sind insbesondere ambitionierte Mitarbeiter, die bei ihrem jetzigen Arbeitgeber nicht unzufrieden sein müssen, die aber dennoch kündigen, weil sie beispielsweise der Annahme unterliegen, dass ein Wechsel des Arbeitgebers karriereförderlich sei und der Nachweis, dass man in unterschiedlichen Unternehmen erfolgreich gearbeitet hat, heutzutage ein „Muss“ darstellt. Auch das bessere Angebot eines anderen Unternehmens kann zur freiwilligen Kündigung führen.

Mitarbeitern steht es stets frei, nach Alternativen auf dem Arbeitsmarkt Ausschau zu halten. Ihr Commitment kann daher nicht vorausgesetzt, sondern muss stets aufs Neue gewonnen werden. Wenn das Finden und Binden von talentierten Mitarbeitern zunehmend schwieriger werden, ist es wenig verwunderlich, dass das Retention Management der Personalabteilung an Bedeutung gewinnt.

Die besten und talentiertesten Mitarbeiter zu verlieren, ist für jeden Arbeitgeber höchst unangenehm. Dabei geht es aber nicht nur um den kurzfristigen Erfolg des Unternehmens oder des Teams, der sich nun nicht mehr einstellen kann. Auch langfristig kann die Reputation des Unternehmens darunter leiden. Schließlich möchte kein Arbeitgeber dafür bekannt sein, sich nicht richtig um seine besten Mitarbeiter zu kümmern. Um hier aber einen entsprechenden Änderungsprozess einleiten zu können, müssen zunächst die Gründe verstanden werden, die Talente zu einer Kündigung veranlassen. 

Empirische Untersuchungen zeigen, dass jede zweite Kündigung aus eigenem Antrieb dann erfolgt, wenn ein attraktives Angebot eines anderen Arbeitgebers vorliegt, obwohl der Mitarbeiter bislang mit seinem Job nicht unzufrieden war. Jede dritte Kündigung wird erst dann ausgesprochen, wenn unzufriedene Mitarbeiter über eine attraktivere Arbeitgeberalternative verfügen. Und immerhin fünf Prozent aller Kündigungen erfolgen aus eigenem Antrieb, obwohl keine Jobalternative vorliegt. Hier erfolgt die Kündigung also nicht über einen Einfluss von außen, sondern durch eine aufgestaute, kumulierte Unzufriedenheit mit der individuellen Arbeitssituation. Die Untersuchungen über maßgebliche Fluktuationsursachen zeigen einen zwar positiven, aber nicht unbedingt starken Zusammenhang zwischen Arbeitsunzufriedenheit und Fluktuation. Gleiches gilt für den Zusammenhang von Jobalternativen und Fluktuation (vgl. auch Weinert 2018: Das High Potential Management).

Arbeitsunzufriedenheit und sich bietende Beschäftigungsalternativen erklären Fluktuation also nur eingeschränkt. Eine Vielzahl weiterer Faktoren kann ursächlich sein: von der Persönlichkeit des Mitarbeiters und seines Ehepartners über unternehmensbezogene bis hin zu unternehmensexternen Ursachen (z. B. Geburt eines Kindes, berufliche Veränderung des Ehepartners, Hobbys, Einfluss von Bekannten, Krankheit).

Hier mehr zum Thema:

 

2 Kommentare

Antworten

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.


*


Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahren Sie mehr darüber, wie Ihre Kommentardaten verarbeitet werden .