Die Fluktuationsrate als Maßstab für gelungene Mitarbeiterbindung

Die Fluktuationsrate sagt viel mehr über ein Unternehmen aus als allgemein angenommen. Sie ist Indikator für erfolgreiche Unternehmensführung und Personalpolitik. Sie ist vor allem ein Kriterium für gelungene Mitarbeiterbindung. Nicht zuletzt deshalb zählt die Fluktuationsrate zu den zehn wichtigsten Unternehmenskennzahlen überhaupt. Doch wie geht man mit ihr um?

Gefragt ist also eine Fluktuationsanalyse. Sie soll die Gründe und Motive für den Arbeitsplatzwechsel in Erfahrung bringen und daraus zielgerichtete Maßnahmen entwickeln, um die Fluktuation im Rahmen der betrieblichen Gegebenheiten und die damit verbundenen Kosten zu senken. Denn eine hohe Fluktuationsrate – also der Anteil der Abgänge an der durchschnittlichen Anzahl aller Mitarbeiter innerhalb eines Jahres – bedeutet höhere Kosten und verringert die Profitabilität eines Unternehmens.

Die Fluktuation stellt also eine signifikante Kostengröße dar. Obwohl sie in der Gewinn- und Verlustrechnung nicht als eigenständige Kostenposition auftaucht, so sollte sich das verantwortliche Management doch darüber im Klaren sein, dass die Wieder- bzw. Ersatzbeschaffung von ausgeschiedenen Mitarbeitern einen nicht unerheblichen Einfluss auf das Unternehmensergebnis hat.

Diese Wiederbeschaffungskosten (engl. Replacement costs) sind von Position zu Position, von Stelle zu Stelle, von Aufgabe zu Aufgabe und von Assignment zu Assignment unterschiedlich. Folgende Faktoren gehen in die Wiederbeschaffungskosten ein:

  • Kosten vor der Kündigung. Der Mitarbeiter, der das Unternehmen verlassen will, hat seine innere Kündigung bereits ausgesprochen, arbeitet nicht mehr mit dem gleichen Engagement und stößt vielleicht keine Neuerungen mehr an.
  • Kosten, die sofort durch den Weggang entstehen. Bei einer Aufhebungsvereinbarung oder bei einem etwaigen Rechtsstreit entstehen hier zusätzliche Kosten.
  • Kosten durch die unbesetzte Stelle. Die Aufgaben werden später erledigt, Chancen können nicht genutzt werden oder werden auf andere Mitarbeiter verteilt. Im schlimmsten Fall bleibt etwas Wichtiges (z.B. Kundenaufträge) längere Zeit liegen, auf das andere Mitarbeiter bei ihrer Arbeit angewiesen sind.
  • Rekrutierungskosten. Hier sind alle Kosten zu berücksichtigen, die durch die Auswahl eines neuen Mitarbeiters entstehen. Von der Stellenanzeige über die Testverfahren bis zu den Vorstellungsgesprächen. Die Personalbeschaffung kann sehr kostspielig werden, je nachdem, welchen Rekrutierungsprozess ein Unternehmen wählt.
  • Integrationskosten. Die Integration eines neuen Mitarbeiters läuft zumeist in mehreren Phasen ab. Nach einem Basisseminar (Onboarding) erfolgt eine mehr oder weniger lange Einarbeitungsphase. Im Beratungsgeschäft geht man davon aus, dass der neue Mitarbeiter erst nach ca. drei Monaten eine vollwertige Kraft ist. Auch muss das Wissen, das mit dem vorherigen Mitarbeiter abgewandert ist, durch entsprechende Schulungen bzw. Ausbildungseinheiten ersetzt werden.
  • Kalkulatorische Kosten. Sind Mitarbeiter damit beschäftigt, neue Mitarbeiter einzuarbeiten oder an Auswahlverfahren teilzunehmen, können sie sich nicht ihrer eigentlichen Aufgabe widmen.
  • Motivationskosten. Diese sind schwer messbar, jedoch (fast) immer gegeben: Unzufriedene Mitarbeiter ziehen durch Demotivation das sie umgebende Team mit „herunter“.

Wenn man diese Kostenpunkte für eine bestimmte Stelle bzw. Aufgabenbereich in einem Unternehmen zusammenrechnet, weiß man, wie hoch die Wiederbeschaffungskosten sind. Kosten, die dadurch entstehen, dass mit dem Mitarbeiter ggf. auch Kunden abwandern, sind noch schwerer zu erfassen als die übrigen Kostenpositionen. Für den Consulting- und IT-Dienstleistungsbereich geht man von Wiederbeschaffungskosten aus, die etwa die Hälfte eines Jahresgehalts betragen.

Und noch ein Hinweis: Zur besseren Lesbarkeit wird für alle Personen in meinen Blogbeiträgen das generische Maskulinum verwendet. Stellen Sie sich mal vor, ich hätte hier in der Überschrift „Mitarbeiter*innenbindung“ geschrieben.

Detaillierte Informationen hier:

2 Kommentare

  1. Liebe Frau Thiel,
    das ist richtig. Im Rahmen von Entlassungen erleiden in aller Regel nicht nur Arbeitnehmer, sondern auch Arbeitgeber materielle und ideelle Schäden. So geht mit der Entlassung auch wertvolles Know-how verloren, das bei notwendigen Beschaffungs- und Entwicklungsmaßnahmen neu erworben werden muss.

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