Die 10 besten Marketing-Ideen der letzten Jahrzehnte (Teil 1)

Marketing-Ideen können die Welt verändern. Genauso wie technische Innovationen. Hier geht es aber um nicht um technologie-getriebene Innovationen, sondern um markt-induzierte Innovationen. Innovationen bzw. Ideen, für deren Umsetzung man nicht unbedingt besonders viel Geld in die Hand nehmen muss, die aber aufgrund ihrer Genialität eine besondere Wirkung haben. Hier sind meine Favoriten für die Rangfolge der zehn besten Marketing-Ideen. Wohlgemerkt, er handelt sich nicht um ein Ranking, das durch eine Befragung oder durch die Hinzunahme besonderer Kriterien entstanden ist. Vielmehr ist es meine rein persönliche Rangfolge der besten zehn Marketing-Ideen der letzten Jahrzehnte. Hier kommen nun die Plätze fünf bis 10 in umgekehrter Reihenfolge:

  1. Chiquita-Banane

Es ist schon etwas ganz besonderes, wenn es einem gelingt, aus einer banalen Frucht mit Reißverschluss, also einem No-Name-Produkt einen Markenartikel zu machen. Bananen sind das auf der Welt am weitesten verbreitete Obst und werden von Millionen Menschen geschätzt. Umso bemerkenswerter war die Entscheidung der Firma Chiquita, jede einzelne Frucht mit einem Etikett zu versehen: dem blauen Aufkleber. Die ersten Bananen mit Etikett trafen 1967 in Europa ein und waren sofort ein großer Erfolg. Kein Wunder, denn der blaue Aufkleber bot den Käufern von Anfang an Orientierung und ein Qualitätsversprechen. Für den Anbieter erschloss sich die Möglichkeit, sich vom Wettbewerb zu differenzieren, eine Präferenzbildung und damit einen Wettbewerbsvorteil zu erzeugen – kurzum alle Vorteile, die ein Markenartikel mit sich bringt.

  1. Intel inside

Auch hier geht es um einen Markenartikel, den man bei diesem Produkt beim besten Willen nicht vermutet. Die Rede ist von der sogenannten Bestandteilmarke (engl. Ingredient Brand) „Intel inside“, die für jedermann gut sichtbar auf einer Vielzahl von Personal Computern zu bewundern ist bzw. war. Beim Ingredient Branding werden Komponenten (Rohstoffe, Einsatzstoffe, Halbfertig- oder Fertigteile) markiert, die nicht einzeln erworben werden können, sondern die in andere Produkte (quasi als „Zutat“) eingehen und die vom Käufer als eigenständige Bestandteile wahrgenommen werden. Mit dieser Markenstrategie ist es Intel gelungen, das hohe Qualitätsversprechen seiner Prozessoren auf die die jeweiligen PCs – also auf das Gesamtgut – zu übertragen und damit das Markenbewusstsein der Käufer auch im Sinne der PC-Hersteller zu nutzen.

  1. Nintendo-Game Boy

Wer hat Sie nicht schon einmal in der Hand gehabt, die handliche 8-Bit-Spielkonsole von Nintendo, die 1989 erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt wurde? Der Game Boy war mit mehr als 118 Millionen verkauften Exemplaren lange Zeit die bestverkaufte portable Konsole der Geschichte. Dieser Verkaufsrekord wurde später von dem Nintendo DS mit seinen rund 154 Millionen abgesetzten Geräten gebrochen. Zunächst war der Game Boy nur zusammen mit dem Spiel Tetris erhältlich, das damit weltweit zum meistverkauften Computerspiel überhaupt avancierte. Vor allem wegen des kleinen Prozessors und des Schwarzweiß-Bildschirms sah er sich anfangs vielen Skeptikern gegenüber. Eine für diese Zeit handliche Größe, geringe Kosten und sparsamer Batterieverbrauch erwiesen sich jedoch als entscheidende Vorteile und zum Wegbereiter einer  heute milliardenschweren Spieleindustrie.

  1. Ferrero-Überraschungsei

Ferrero hat die Kinderherzen fest im Griff: Mit dem Überraschungsei gelang dem italienischen Familienkonzern, auf dem Massenmarkt für Schokolade ein hochprofitables Segment aufzubauen. Das Überraschungsei mit dem Spielzeugkern ist wohl das einzige Produkt, bei dem der ursprüngliche Zusatznutzen den Grundnutzen überflügelt hat. Zur Erklärung: Als Grundnutzen wird die reine Bestimmung bzw. Funktionalität eines Produkts (hier also die Schokolade) bezeichnet. Der Zusatznutzen sind additive Elemente wie Verpackung, Service, Farbe, Form etc. Das Überraschungsei wird also vornehmlich (oder sogar fast ausschließlich) von den Kids (sie sind die Bedarfsäußerer) wegen des Spielzeugkerns und nicht wegen der Schokolade geliebt und von den Eltern gekauft.

  1. Nivea-Markentransfer

Wer kennt sie nicht? Die blaue Dose mit dem charakteristischen, weißen Schriftzug. „NIVEA“ ist aus vielen Badezimmern nicht wegzudenken. Für viele ist sie eine Kindheitserinnerung, ein erster Kontakt zur Kosmetik von Beiersdorf aus Hamburg. Doch damals war es noch eine ganz profane Pflegecreme, die es schon seit über 100 Jahren gab. Der entscheidende Schritt – und das war die geniale Idee – wurde in den 1990er Jahren unternommen: Der durchaus risikoreiche Eintritt der Kernmarke Nivea in den dekorativen Kosmetikbereich. Es mussten die Markenwerte „Vertrauen“, „Qualität“, „Ehrlichkeit“ und „Sympathie“ auf die neuen Nivea-Artikel des Schönheitsbereichs übertragen werden, ohne dabei die Kernpflegemarke Nivea zu verletzen. Doch es gelang: Ob bei der Gesichtspflege (Marke: Visage), Deodorants, After-shave (Balsam) oder Antifaltencremes für „die reife Haut“ (Vital) – reihenweise eroberten die Nivea-Ableger in kurzer Zeit führende Marktpositionen. Selbst in Frankreich, dem Mutterland der Kosmetik, sind Nivea-Artikel Marktführer. Schrille Auftritte, die Kunden verschrecken könnten, sind allerdings tabu. Schließlich gibt es kaum eine zweite Marke, die ähnlich „demokratisch“ allen Schichten und Altersgruppen „vom Baby bis zur Bahre“ sympathisch sein muss. Jede Kampagne muss immer wieder auf das Markenkonto „Pflege“ neu einzahlen.

Hier geht es zum 2. Teil, also zu den Plätzen eins bis fünf (in umgekehrter Reihenfolge).

Die Lektüre zur Vertiefung:

D. Lippold: Die Marketing-Gleichung. Einführung in das prozess- und wertorientierte Marketingmanagement, 2. Aufl., Berlin/Boston 2015

Zur Bestellung hier.

 

 

 

 

 

 

 

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